Christoph Marzi (geboren 1970 in Mayen und aufgewachsen in Obermendig) lebt heute mit seiner Familie im Saarland und denkt sich dort und woanders Geschichten aus, während der Garten, der das Haus umgibt, immer wilder und seltsamer wird.
Nie anzutreffen ohne: Notizbuch
Besondere Kennzeichen: Notizbuch
Motto: Geh nie ohne Notizbuch aus dem Haus.
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Wie würdest Du Dich selbst beschreiben?
Sich selbst zu beschreiben ist immer ein schwieriges Unterfangen, glaube ich. Das sollten besser andere übernehmen.
Herrscht auf Deinem Schreibtisch eher Chaos oder Ordnung?
Geordnetes Chaos, würde ich sagen. Ich finde mich zurecht. Ob andere das tun würden, weiß ich nicht.
Mit „London“ kehrst Du in die Welt der Uralten Metropole zurück, wie kam es dazu? Und was hat Dich dabei inspiriert?
Der Wunsch, dorthin zurückzukehren, war eigentlich immer da gewesen. Eigentlich wusste ich nach LUMEN, dass ich Emily erneut wieder sehen würde. In SOMNIA tauchte sie nur am Rande auf. Nach London wollte ich aber erst dann zurückkehren, wenn Emily ein wenig älter geworden wäre. Es ist einiges geschehen in der Zwischenzeit. Sie ist kein Kind mehr. Sie ist erwachsen. Zu sehen, was aus ihr geworden war, machte den eigentlichen Reiz für mich aus.
Wie war für Dich die Rückkehr in diese Welt? Und könntest Du Dir vorstellen, das irgendwann noch einmal zu tun?
Es war, als sei ich nie fort gewesen. All diese Orte, sie waren noch genau dort, wo ich sie zurückgelassen hatte. Vielleicht kehre ich eines Tages erneut dorthin zurück. Emily wird sich weiter verändern, so wie wir alle es tun, wenn wir älter werden. Es gibt keine Zufälle.
Wann spielt der Roman und worum geht es?
Der Roman spielt einige Jahre nach LUMEN und ein paar Jahre nach SOMNIA. Emily lebt wieder in London. Sie hat einen Beruf, in dem sie ihre besondere Fähigkeit nutzen kann. Tristan Marlowe ist nicht mehr bei ihr. Nach dem Happy End in LUMEN hat das Leben die beiden eingeholt. Dinge wie diese passieren manchmal (mehr werde ich dazu nicht verraten). Der Roman beginnt in Cambridge. Emily wartet am Bahnsteig auf den Zug und stellt fest, dass der Zug nach London nicht kommen wird, weil es keine Stadt namens London gibt. Und nie gegeben hat. So fängt es an. Ein wenig mysteriös. Natürlich versucht sie herauszufinden, was geschehen ist. Und, soviel kann ich verraten, sie wird nach London zurückkehren. Mit Hilfe zweier alter Damen, die wirklich sehr, sehr seltsam sind.
An welchem Ort würdest Du Dich gerne eine Weile aufhalten? Und warum?
Von den Orten, die ich selbst erfunden habe? Seal`s Head, oben in Maine. Ganz klar. In Brooklyn, irgendwo in der Nachbarschaft von Faye Archer. Und den Leuchtturm, den Colin Darcy besucht, würde ich gerne sehen. In der uralten Metropole würde ich den Buchladen bevorzugen. Die Stadt unter der Stadt wäre mir zu düster und gefährlich.
Gibt es in der Geschichte eine Figur, die Dir besonders am Herzen liegt?
Emily. Wittgenstein. Micklewhite. Aurora. Ich glaube, sie liegen mir alle am Herzen. Sogar die Bösewichte.
Und in welcher Figur erkennst Du Dich am meisten wieder?
Wittgenstein. Wir teilen den Humor, glaube ich.
Die Geschichte beginnt wieder im Winter, magst Du diese Jahreszeit einfach oder hat das noch andere Gründe?
Schnee und Kälte passen zur uralten Metropole. Es ist eine Atmosphäre, die an die Märchen erinnert, die man als Kind gelesen hat. Alles ist geheimnisvoll. So still.
In den Uralte-Metropole-Büchern ging es bisher auch um Heimat und darum, seinen Platz im Leben zu finden. Ist das in „London“ auch so? Und was bedeutet Heimat für Dich?
Emily sucht noch immer ihren Platz im Leben. Den Platz, den sie zu finden geglaubt hatte, gibt es nicht mehr. Ja, es geht irgendwie immer nur darum, seine Heimat zu finden. Emily sehnt sich danach, ein gewöhnliches Leben zu leben. Was Heimat für mich bedeutet? Heimat ist da, wo das Herz schlägt. Mein Herz schlägt für meine Familie. Eine andere Heimat kann ich mir nicht vorstellen.
2004 erschien mit „Lycidas“ Dein erster Uralte-Metropole-Roman, wie sieht Dein Rückblick aus?
Ich mag jedes Buch und jede Geschichte, die ich geschrieben habe. Mit all den Mängeln, die Geschichten haben können, und allen Fehlern, die Autoren machen können. Ich habe immer die Geschichte erzählt, die ich zu eben diesem Zeitpunkt hatte erzählen wollen. Es macht Spaß, sich das alles auszudenken. Und ich bin dankbar, dass ich es tun kann.
Die Welt ist …
… wunderbar. Man muss es nur sehen.
Magst Du Mythen und Märchen allgemein recht gerne oder bevorzugst Du eine bestimmte Richtung? Vielleicht reizen Dich ja auch einzelne Legenden ganz besonders?
Ich versuche, nicht in Genres zu denken. Tatsächlich lese ich alles, was mir in die Finger gerät. Was mich an Märchen und Legenden reizt ist die Tatsache, dass sie sich in vielen Kulturkreisen so ähnlich sind.
In Deinen Geschichten gibt es auch viele literarische Andeutungen, deren eigentliche Quelle in der alten Literatur zu finden ist. Verrätst Du uns die Ursprünge einiger Anspielungen?
Alte englische Literatur. Shakespeare, Dickens, Chaucer. All die anderen auch. Stevenson ist in LONDON vertreten. Die uralte Metropole lebt von Anspielungen, ist also ein sehr postmoderner Ort, könnte man sagen.
Welche Rolle spielt Musik in Deinem Leben?
Musik ist der Herzschlag des Lebens.
Wonach wählst Du die Musik aus, zu der es in Deiner Geschichte eine Andeutung geben wird?
Ich brauche sehr lange, bis ich die passende Musik gefunden habe, die zu der Atmosphäre, die mir für die Geschichte vorschwebt, passt. Wenn es dann soweit ist, läuft alles andere wie von selbst. Die Musik muss emotional eine Bedeutung haben (oder einfach nur lustig sein, wie bei dem Radio-Orakel in FABULA).
Wo schreibst Du am liebsten? Brauchst Du dafür Ruhe oder begleitet Dich Musik?
Gewöhnlich schreibe ich an meinem Schreibtisch. Aber alle anderen Orte sind genauso gut. Ich schreibe normalerweise mit Laptop oder am PC, aber auch in Notizbücher, Hefte, auf Zettel, Bierdeckel, Servietten. Ruhe ist hilfreich, aber Unterbrechungen sind die Regel – und kein Problem. Musik höre ich meistens beim Schreiben. Laut oder Kopfhörer.
Was hältst Du von der stetig wachsenden Zahl an Subgenres, in die Literatur eingeordnet wird?
Ich mag keine Genres. Ich mag keine Subgenres. Das alles ist Marketing und Produktpolitik. Ich mag Geschichten. Ich kenne keine Geschichte, die so klein ist, dass sie Platz in einer Schublade hätte.
Wie sieht für Dich eine ideale Buchhandlung aus?
Klein. Fein. Mit vielen Büchern, die man zufällig entdeckt. Es gibt Tee oder Kaffee. Leise Musik.
Was ist Dir beim Schreiben wichtig? Was möchtest Du dem Leser vermitteln?
Die Geschichte so zu erzählen, wie sie es verdient – ich denke, dass mir das wichtig ist. Der Leser soll in sie eintauchen können und sich bei der Hand nehmen lassen. Ich schreibe niemals mit dem Ziel, eine Botschaft zu vermitteln. Ich erzähle eine Geschichte. Jeder, der sie liest, muss für sich selbst herausfinden, was sie ihm zuflüstert.
Welche Autoren-Macken hast Du?
Die Frage müsste man meiner Frau und meinen Kindern stellen.
Was war bisher Dein schönstes Erlebnis als Autor?
Zu sehen, dass das, was man sich ausdenkt, für jemanden Bedeutung hat.
Wo wird man Dich in nächster Zeit live erleben können?
Die Premierelesung zu LONDON findet im DRACHENWINKEL in Dillingen/Diefflen im Saarland statt.
Was liest Du selbst gern?
Alles, was mir in die Finger kommt. Vorwiegend englische und amerikanische Literatur. Seltsamerweise kaum fantastische Literatur. Viele Sachbücher. Comics. Was immer mich fesselt.
Woran arbeitest Du gerade?
An MITTERNACHT, einer Geistergeschichte. An einem Kinderbuch mit einem Tier. Und einem neuen Jugendbuch.
Herzlichen Dank für das Interview!
Huhu,
Danke für das geführte Interview mit diesem ungewöhnlichen Autoren.
Denn seine Antworten haben mich zum Teil wirklich mal überrascht….
LG..Karin…
Es ist immer wieder schön etwas von Christoph Marzi zu lesen. Es zaubert mir jedes mal ein Lächeln ins Gesicht.
Viele Grüße aus Trier
Roman Neumann
Danke für den Beitrag, ich habe ihn mit Interesse gelesen. Ich freue mich sehr auf „London“, weil ich von „Lycidas“ bis „Somnia“ immer gerne in der Uralten Metropole unterwegs gewesen bin – mein Exemplar wurde heute verschickt :-)
Ich freue mich, dass euch das Interview gefällt – ich mag es auch sehr. :) Alles von Christoph Marzi habe ich noch nicht gelesen, aber doch einiges – zuletzt „Die wundersame Geschichte der Faye Archer“, das Buch hat mich sehr begeistert. Ist auch eine wunderbare Herbstlektüre. ;)
„London“ ist immer noch nicht bei mir. Aber vielleicht ist das auch gut so, immerhin wäre es doch mehr als passend, es im Winter zu lesen. Aber ob ich trotz Leseschneckentempo so lange durchhalte? Das Buch ruft schon sehr … Und Wittgenstein. Es gibt keine Zufälle!
Liebe Grüße,
Marny
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